Die unten beschriebenen Bedrohungen betreffen auch noch viele weitere Ökosysteme des Süßwassers weltweit, im Fall des Malili-Seensystems jedoch (insbesondere für den Matano-, Mahalona- und Towuti-See) sind die Auswirkungen ganz besonders katastrophal. Diese Seen sind über eine Million Jahre alt und beheimaten dutzende von Fisch- und Wirbellosenarten, die sonst nirgendwo vorkommen. Manche von ihnen sind in einem einzigen See endemisch. Verlieren wir also beispielsweise den Matano-See als Habitat, ist das das endgültige Aus für die berühmte Süßwasser-Kardinalsgarnele Caridina dennerli, für die Adeia-Grundel Mugilogobius adeia, die Pantherkrabbe Parathelphusa pantherina oder auch die Violette Matanokrabbe Syntripsa matannensis.

1. Flowerhorn-Cichliden (Louhan)

Die invasiven Buntbarsch-Hybriden (Cichlasoma sp. "Flowerhorn" or Cichlasoma cf. trimaculatum) sind hier oft Thema. Die Vorfahren dieser Fische kommen aus Mittelamerika und haben sich durch die Aquaristik auf der ganzen Welt ausgebreitet – und werden leider auch häufig ausgesetzt. In vielen Gewässern in Südostasien gibt es bereits etablierte Populationen. Sie werden nicht als Speisefisch genutzt, weil sie nicht viel Fleisch, dafür aber viele Gräten haben. In ihrer regulären Größe bis 15 cm sind sie den Fischern die Arbeit schlicht nicht wert. Ihre Existenz ist daher auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht begrüßenswert.

Flowerhorns vermehren sich gut und fressen alles, was in ihr gieriges Maul passt – auch Garnelen, kleine Schnecken und Krabben sowie Fischlaich. In vielen indonesischen Seen ist dieser Fisch bereits die Leitspezies, und auch im Matano-See zeigt sie sich als dominant. Dort wurde sie zum ersten Mal 2010 nachgewiesen. Innerhalb weniger Jahre haben sich die Flowerhorns vertausendfacht und sich auf weitere Seen des Malili-Systems ausgebreitet: auch im Mahalona- und Towuti-See sind sie zu finden. Dort sind zwar noch weniger Exemplare zu sehen, der Matano-See aber hat sich von einem wundervollen vielfältigen Biotop mit ganz unterschiedlichen Wirbellosengemeinschaften in einen Fischteich voller Flowerhorn-Cichliden verwandelt. Die übrig gebliebenen Garnelen verstecken sich tief unter Steinen, die kleineren Schneckenarten kämpfen gegen die Ausrottung an. Von den großen Schneckenarten gibt es nur noch adulte Exemplare, die immer älter werden, Nachwuchs kommt keiner hoch, weil die Jungtiere eine leichte Beute für die invasiven Cichliden sind. Diese Fische greifen sogar die Krabben an – wir mussten beobachten, wie sie Jungkrabben verspeisten und sogar an Altkrabben gingen, die sie ganz fraßen oder ihnen die Gließmaßen abrissen. Sie stören auch ihre Mitfische, sodass diese nicht mehr ihr normales Verhalten zeigen. Insbesondere die Grundeln als brutpflegende Arten sind betroffen, mit denen die Cichliden um Nahrung konkurrieren und deren Laich sie von den Felsen räubern, auf denen er abgelegt wird. Unseren Beobachtungen nach haben die Flowerhorns keinen Einfluss auf die dort heimischen Regenbogenfische und Reisfische; diese Freilaicher sind zu schnell, und ihre verstreut abgelegten Eier sind zu klein. Dennoch haben die Flowerhorns den gesamten See umgestaltet, weil sie die Wirbellosen ausrotten. Dutzende dort heimischer Arten von Fischen, Schnecken, Garnelen und Krabben, die sonst nirgendwo auf der Welt vorkommen, haben ihre sichere Heimat verloren.

2. Segelflossen-Schilderwelse (sapu-sapu)

Aus Südamerika hat sich noch eine weitere invasive Art durch die Aquaristik auf viele Freigewässer der Welt ausgebreitet, wo sie unglaubliche Schäden anrichten. Sie werden von Fischern noch viel weniger gemocht als die Flowerhorns, sie haben noch weniger Fleisch und besitzen zudem noch einen harten Panzer aus Knochenplatten. Diese Schilderwelse gehören üblicherweise zwei Arten an (Pterygoplichthys disjunctivus, P. pardalis), manchmal handelt es sich aber auch um Hybriden. Sie werden bis 70 cm lang und haben in der Regel überhaupt keine Fressfreinde.

Segelflossen-Schilderwelse fressen ebenfalls den Laich der Grundeln – und überhaupt futtern sie alles, was in ihr Maul passt, selbst kleinere Schnecken. Zudem buddeln diese Fische im Seegrund und sorgen dadurch durch Wassertrübungen und eine Verschlammung, weil sämtliche Oberflächen (Boden, Steine, Pflanzen) durch den aufgewühlten Schlamm mit einer feinen Schlichschicht überzogen werden. Auch hierdurch verändern sich die Bedingungen im See, und Algen können dadurch überhand nehmen. Die ursprünglich "sauberen" Steine im See, die von den endemischen Schnecken- und Garnelenarten bewohnt wurden, sind nun schlammbedeckt. Die Segelflossen-Schilderwelse bevorzugen die Nähe menschlicher Siedlungen und ernähren sich gerne von Nahrungsresten. Ihre Zahl im Matano-See geht vermutlich in die Tausende, sie vermehren sich immer weiter und ihr Einfluss auf das Ökosystem wächst beständig an.

3. Algen

Wie oben bereits geschrieben sind Algen in den Seen ziemlich lästig – weil sie die Oberflächen überwachsen, die für viele Wirbellose zum Habitat gehören. Diese Schnecken und Garnelen brauchen Hartsubstrat, also Steinoberflächen, von denen sie Aufwuchs abgrasen können. Fast überall im Matano-See sind diese Oberflächen aber mittlerweile von einer dicken Schicht aus Algen und Schlick bedeckt. Auch in den anderen Seen nehmen die Algenbeläge zu. Sie bilden entweder eine ununterbrochene schwammige Schicht oder zeigen sich als weißliche Borsten. Hin und wieder trifft man auch auf grüne Fadenalgenbüschel.

Ihre starke Ausbreitung zeigt eine Zunahme des Nährstoffgehalts in den Seen an. Früher waren die Seen ultra-oligotroph, also praktisch nährstofffrei, aber der zunehmende menschliche Einfluss entlang der Seeufer zeigt sich natürlich mittlerweile auch im Wasser. Eine interessante Frage ist, ob hier nicht auch die praktische Ausrottung der Wirbellosen durch die Flowerhorns eine Rolle spielt, die zuvor beständig die Oberflächen im See abweideten und sie dadurch sauber hielten.

4. Verschmutzung

An den Seeufern gibt es unglaubliche Mengen an Müll. Teils weht der Wind den Abfall in die Seen, aber auch die Menschen werfen ihren Müll einfach ins Wasser, ohne weiter darüber nachzudenken. Für sie ist das eine Art der Müllentsorgung – als ob die Seen einfach alles schlucken könnten … Plastikflaschen, Dosen, Essenreste und Essensverpackungen, Reifen, Metalle, Chemikalienreste und vieles mehr werden einfach im See entsorgt. Und all diese Dinge verschwinden nicht einfach. Insbesondere das Plastik sammelt sich dort, wo die Strömung es hinträgt.

Auch werden ungereinigte Abwässer aus Haushalten oder Landwirtschaftsbetrieben in die Seen geleitet. Durch die Ortschaft Sorowako fließt ein stinkender weißlicher Abwasserfluss in den Matano-See. Genau, direkt in diesen See, der weltbekannt für seine seltenen und einzigartigen Wirbellosen ist!

Des weiteren gibt es eine große Nickelmine in den Hügeln zwischen dem Matano- und dem Mahalona-See. Die Abwässer von dort werden zwar gereinigt und überwacht, verändern jedoch dennoch die chemische Zusammensetzung des Seewassers. Zwar wurden keine direkten negativen Einflüsse dokumentiert, aber es gibt auf jeden Fall indirekte Effekte durch eine Zunahme des Verkehrs und die Zahl der Mitarbeitenden, die ebenfalls in Betracht gezogen werden müssen.

Die Wasserverschmutzung nimmt also zwei Formen an: eine starke Zunahme an Nährstoffen und mögliche Giftstoffe. Soweit wir es beurteilen können, ist eine akute Vergiftung nur ein theoretisches Risiko (und wir hoffen inständig, dass das so bleibt und es nicht zu Giftkatastrophen und/oder Massensterben kommt). Der exorbitante Anstieg an Nährstoffen ist jedoch in den Seen bereits sichtbar: das starke Algenwachstum haben wir oben erwähnt. An manchen Stellen ist der Seegrund von Blaualgen überzogen, die ebenfalls auf ein Nährstoffungleichgewicht hinweisen und die zusammen mit dem überall anzutreffenden Müll ein schlagender Beweis dafür sind, dass die Verschmutzung in den Tiefen des Sees ihren Tribut fordert, auch wenn an der Oberfläche alles schick aussieht.

5. Abholzung

Leider werden die Wälder, die die steilen Hänge oberhalb der Seen bedecken, zunehmend abgeholzt, um Raum für Plantagen zu schaffen, wo die Menschen Pfeffer oder Gewürznelken anbauen. Statt des undurchdringlichen Grüns schimmert nun die nackte rote Erde in der Ferne – und der Regen spült sie in den See. Die Bodenerosion trägt damit direkt zur weiter oben bereits erwähnten Verschlammung bei. Das Wasser wird durch die feinen Erdteilchen getrübt, und sie setzen sich auf sämtlichen Oberflächen ab. Auch werden weitere Nährstoffe eingetragen und das Wasser durch Düngerreste und Pestizide von den Plantagen verschmutzt.

6. Invasive Verbreitung der Grundnessel Hydrilla verticillata

Bei der Grundnessel handelt es sich zwar um eine Pflanze, die in Asien heimisch ist (sowie in Afrika und Teilen Australiens), jedoch gehört sie nicht in die eigentlich sehr nährstoffarmen Seen auf Sulawesi. Leider wurde sie dennoch eingeschleppt, und dank des zunehmenden Nährstoffeintrags aus den Siedlungen breitet sie sich stark aus. Es ist absehbar, dass sie ein Problem für die Schifffahrt darstellen wird, weil sich bereits an einigen Stellen dicke Pflanzenklumpen zur Seeoberfläche ausbreiten, die sich um Schiffsschrauben wickeln und diese blockieren können. Jedes abgerissene Pflanzenteil trägt zur weiteren Verbreitung bei. Die Grundnessel ist recht brüchig, und jedes kleine Stück wird zu einer neuen Pflanze. Hydrilla breitet sich auch am Seegrund aus, und die Pflanzenpolster wachsen sehr schnell – schneller als die heimischen Pflanzen einschließlich der endemischen Ottelia mesenterium. Weil Ottelia überhaupt nur an wenigen geeigneten Stellen wächst und auf keinen Fall große Flächen bedeckt, ist sie direkt durch die starke Ausbreitung der Grundnessel bedroht.

7. Störungen des natürlichen Wasserstands

Wenn bei Seen mit einem natürlichen Abfluss nicht eingegriffen wird, schwankt der Wasserspiegel übers Jahr hinweg. Auch bei den Malili-Seen lagen teilweise viele Meter entlang der Ufer mal über, mal unter Wasser.  Heute haben wir aufgrund der Nickelmine und mehrerer Wasserkraftwerke am unteren Ausfluss der Seenkette keine natürlichen Schwankungen mehr. Die Ufer des Matano-Sees liegen nicht mehr frei, was auch zum Algenwachstum auf den Felsen in den flachen Uferzonen beitragen mag. Eine jährliche Austrocknung würde verhindern, dass sich dicke Algenteppiche bilden.

8. Unmäßiger Garnelenfang

Die oben beschrieben Faktoren vermitteln eine Ahnung davon, wie schwierig das Leben für kleine Schnecken und Garnelen in den Seen sein muss. Und wir Aquarianer sollten nicht so tun, als gehe uns das nichts an! Die kleinen Schneckenarten sind zwar aquaristisch nicht interessant, und es besteht keinerlei Nachfrage nach ihnen, aber bei den Garnelen sieht es anders aus. Im großen und – bis jetzt – biologisch weiterhin gut eingespielten Towuti-See sind Fang und Export an Aquarienbesitzer in aller Welt nicht weiter bedenklich (mit Ausnahme der Mikroendemiten wie Caridina spongicola, die nur ein winziges Habitat besiedeln), jedoch lebt die gefragteste Garnele, Caridina dennerli, nur im Matano-See. Dort steht die Art unter enormem Feinddruck durch die Flowerhorns, und ihre Lebensräume haben sich durch das Algenwachstum dramatisch verkleinert. Es gibt nur noch wenige Orte mit zumindest teilweise freiliegenden Steinen, und es gibt noch viel weniger dieser Orte, wo dann auch noch der Feinddruck durch die Flowerhorns erträglich ist. Wenn man eine Garnele entdeckt, die nicht tief unter irgendwelchen Felsen versteckt lebt, gleicht das einem kleinen Wunder, wie wir in unserem Video zeigen und hier noch detaillierter ausführen.

Heimische Garnelenfänger bauen einfache Steinhaufen, in die die Garnelen sich zurückziehen, und von wo sie sie einfach in größerer Zahl absammeln können, indem sie die Steine umschichten. Das ist zwar eine sehr effektive Fangmethode, aber auch problematisch: man baut eine Zuflucht für stark gefährdete Tiere und fängt sie dann dort einfach weg. Dadurch wird die Population weiter geschwächt, die auch schon ohne den Fang bereits vom Aussterben bedroht ist und noch nie so gering war wie heute. Der Fang ist in keinster Weise reguliert, und die Frage nach der Nachhaltigkeit stellt sich am Matano-See noch gar nicht.

Und dennoch könnte genau dieses Vorgehen den Garnelenpopulationen helfen: das Aufschichten von Steinen als Schutz für die Garnelen, die während des Bauens gleich auch noch von den dicken Algenbelägen befreit werden. Die Bekämpfung der anderen Bedrohungen müsste hiermit Hand in Hand gehen, das heißt, die Wasserbelastung müsste reduziert und die invasiven Fische bekämpft werden.

Der Wille, diesen Übergang von der unregulierten Fangtätigkeit hin zum gezielten Schutz gefährdeter Arten zu unterstützen (vielleicht auch durch eine geschützte Nachzucht im Habitat oder ex situ), besteht bereits. Wir versuchen selbstverständlich, die Einheimischen und lokale Institutionen dabei zu unterstützen. Sobald wir spürbare Fortschritte in der Region wahrnehmen, werden wir natürlich darüber berichten!

Markéta Rejlková