Auf der indonesischen Insel Sulawesi haben wir ausgesprochen viele nur dort vorkommende Arten in den Süßwasserhabitaten. Sie gehört zu einem Hotspot der Artenvielfalt: Wallacea, gelegen zwischen den australischen und asiatischen Kontinentalplatten. Tiefe Meerengen trennen die Region von den umliegenden Inseln, diese Trennung bedeutet jedoch mitnichten, dass es hier weniger Tierarten gäbe, im Gegenteil! Die geografische Isolation Sulawesis und insbesondere der dort gelegenen Alten Seen haben zu einer besonders interessanten Auffächerung der Arten geführt. In der Aquaristik sind insbesondere die erstaunlich artenreichen Garnelen (Caridina spp.) und Schnecken (Tylomelania spp.) aus Sulawesi bekannt, bei den Fischen finden wir jedoch eine ähnliche Fülle an verschiedenen Arten.
Es gibt ungefähr 70 endemische Arten von Süßwasserfischen auf Sulawesi. Die Mehrheit von ihnen gehört den folgenden Familien an:
- Telmatherinidae (Sulawesi-Regenbogenfische)
- Adrianichthyidae (Reisfische)
- Zenarchopteridae (lebendgebärende Halbschnäbler)
- Gobiidae (Grundeln)
Wir schauen uns in der Folge diese Gruppen aus der aquaristischen Perspective beziehungsweise vom Standpunkt eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin an einem Erhaltungszuchtprojekt.
Sulawesi-Regenbogenfische (Telmatherinidae)
17 endemische Arten auf Sulawesi (die gesamte taxonomische Familie ist mit einer Ausnahme nur auf Sulawesi verbreitet)
Kurzbeschreibung: Kleine Ährenfische mit Geschlechtsdimorphismus und Mehrfarbigkeit (was bedeutet, dass es verschiedene Farbformen einer Art geben kann). Der englische Name "Sailfin Silversides" leitet sich von der Form der ersten Rückenflosse einiger Arten ab, die segelförmig ausgeprägt sein kann und häufig schön gefärbt ist. Die Fische haben meist einen silbrigen Körper mit gelben, blauen oder schwarzen Farben bei den Männchen. Schnelle, aktive Schwimmer, mit interessantem Balzverhalten. Die Familie umfasst die Gattungen Telmatherina, Marosatherina, Paratherina, Tominanga.
Verbreitung: Nur eine Art hat ihr Vorkommen in Flüssen in Südwest-Sulawesi (Marosatherina ladigesi), weitere Regenbogenfische sind endemisch im Malili-Seensystem und angrenzenden Flüssen. Überwiegend handelt es sich um lakustrische Arten, die in Seen leben.
Aquaristisch relevante Arten: Marosatherina ladigesi (Celebes-Ährenfisch; weit verbreitet), Telmatherina cf. bonti (Sonnenstrahlfisch; sehr selten) – übrigens der einzige in Flüssen lebende Vertreter der Gattung Telmatherina, von dem mehrere Populationen bekannt sind.
Klassifizierung auf der Roten Liste der IUCN: vom Aussterben bedroht: Paratherina labiosa (endemisch im Lontoa-See); stark gefährdet: Telmatherina bonti, T. wahjui; gefährdet: Marosatherina ladigesi; potentiell gefährdet: Paratherina cyanea, P. wolterecki, P. striata, Telmatherina opudi, T. sarasinorum, T. obscura, T. celebensis, T. antoniae, T. abendanoni, T. prograntha, Tominanga aurea, T. sanguicauda; unzureichende Datengrundlage: Telmatherina albolabiosa
Aktueller Status und Bedrohungslage: Weitgehend unbekannt. Die Systematik, Taxonomie, Evolution und Biologie dieser Familie ist immer noch unklar; mehr Studien werden benötigt, einige laufen gerade. Das Malili-Seensystem ist durch Verschlechterungen der Wasserqualität und – hauptsächlich – durch die Verbreitung stark invasiver Flowerhorn-Cichliden stark gefährdet. Es gibt praktisch keine Sicherungspopulationen der Sulawesi-Regenbogenfische ex situ.
Anmerkungen der Sulawesi Keepers: Das Museum König (LIB, Bonn, Deutschland) engagiert sich gemeinsam mit indonesischen Forschungspartnern stark auf dem Gebiet der Forschung über Sulawesi-Regenbogenfische, ebenso die Universität von Antwerpen (Belgien). Es wäre sehr wünschenswert, wenn mehr darüber herausgefunden werden könnte, wie diese Fische in der Natur leben, und vor allem ihre geografische Verbreitung und ihren Status zu erforschen. Für alle stark gefährdeten Arten sollten ex situ Sicherungspopulationen etabliert werden.
Reisfische (Adrianichthyidae)
23 Reisfisch-Arten sind aus Sulawesi bekannt, 19 davon sind dort endemisch
Kurzbeschreibung: Bei den meisten Arten handelt es sich um kleine, silbrige Fische. Die Männchen sind manchmal farbiger und können anhand ihrer verlängerten Flossenstrahlen erkannt werden. Zwei Fortpflanzungsstrategien sind bekannt: 1) sogenannte Transferbrüter legen ihren Laich auf Substraten wie Pflanzen ab; 2) bei anderen Arten tragen die Weibchen den Laich vor der Afterflosse angeheftet, bis die Larven schlüpfen.
Verbreitung: in Flüssen; andere Arten sind im Pososee, im Malili-System oder anderen, kleineren Seen endemisch.
Aquaristisch relevante Arten: Oryzias woworae (häufig; endemisch auf der Insel Muna direkt vor der Küste Sulawesis), O. asinua und O. wolasi (ähnlich O. woworae, aber viel weniger häufig), andere Arten nur selten: O. celebensis (nicht auf Sulawesi beschränkt, mit Vorkommen in Ost-Timor), O. eversi, O. marmoratus, O. matanensis, O. nigrimas, O. sarasinorum; Adrianichthys poptae nur in Japan …
Klassifizierung auf der Roten Liste der IUCN: vom Aussterben bedroht: Adrianichthys kruyti, A. roseni (beide im Pososee endemisch), Oryzias sarasinorum (im Lindusee endemisch), O. soerotoi (im Tiusee endemisch); stark gefährdet: Adrianichthys poptae, Oryzias asinua, O. bonneorum, O. woworae; gefährdet: Oryzias hadiatyae; potentiell gefährdet: Oryzias eversi, O. marmoratus, O. matanensis, O. nebulosus, O. nigrimas, O. orthognathus, O. profundicola; nicht gefährdet: Adrianichthys oophorus, Oryzias celebensis; unzureichende Datengrundlage: Oryzias wolasi; nicht ausgewertet: Oryzias dopingdopingensis, O. kalimpaaensis
Aktueller Status und Bedrohungslage: Adrianichthys kryuti und A. roseni sind möglicherweise bereits ausgestorben. Sie wurden im Pososee in den letzten 40 Jahren nicht mehr gesichtet; O. sarasinorum und O. soerotoi sind beide endemisch in kleinen isolierten Seen mit sich verschlechternder Wasserqualität, invasiven Fischarten und weiteren nachteiligen Faktoren; O. eversi ist an seinem einzigen bekannten Standort beinahe nicht mehr aufzufinden, es besteht jedoch eine schwache Hoffnung, dass das Verbreitungsgebiet der Art größer ist. Weitere Arten sind endemisch und werden durch invasive Fischarten bedroht.
Anmerkungen der Sulawesi Keepers: Die Organisation "Shoal and Progres Sulawesi" arbeitet im Moment daran, die Arten der Gattung Adrianichthys im Pososee wiederzufinden. Unsere oberste Priorität ist, Nachzuchtprogramme für die aquaristisch bereits gehaltenen Arten auf die Beine zu stellen.
Lebendgebärende Halbschnäbler (Zenarchopteridae)
16 auf Sulawesi endemische Arten
Kurzbeschreibung: Einfach zu erkennen an ihrer einzigartigen Körperform und des verlängerten Mauls. In der Natur leben sie in größeren Gruppen; im Aquarium zeigen sie sich häufig als territorial. Lebendgebärend (eventuell mit einer Ausnahme bei Tondanichthys kottelati).
Verbreitung: In Seen und Bächen, auch in Gebirgsbächen, mehrheitlich auf Zentral-, Süd- und Südostsulawesi.
Aquaristisch relevante Arten: Nomorhamphus liemi (häufig), seltener weitere Arten der Gattung Nomorhamphus (celebensis, eberardtii, rex… einschließlich Populationen mit bekanntem Herkunftsort, aber unklarer Taxonomie)
Klassifizierung auf der Roten Liste der IUCN: vom Aussterben bedroht: Tondanichthys kottelati (endemisch im Tondanosee); stark gefährdet: Nomorhamphus celebensis, N. lanceolatus, N. sagittarius; gefährdet: Dermogenys orientalis, Nomorhamphus towoetii; potentiell gefährdet: Nomorhamphus kolonodalensis, N. liemi, N. megarrhamphus, N. weberi; nicht gefährdet: Nomorhamphus rex; unzureichende Datengrundlage: Dermogenys vogti, Nomorhamphus brembachi, N. eberardtii, N. hageni; nicht ausgewertet: Nomorhamphus aenigma (described 2020)
Aktueller Status und Bedrohungslage: Die meisten Arten sind endemisch in einzelnen Seen oder Flusssystemen, daher hängt ihr Bedrohungsstatus stark vom Fundort ab. Weitere Forschung ist notwendig, um mehr über die Verbreitung und den Status dieser Arten herauszufinden.
Anmerkungen der Sulawesi Keepers: In Deutschland gibt es einen Arbeitskreis, der sich mit lebendgebärenden Halbschnäblern befasst und Aquarianer und Wissenschaftler zusammenbringt, den Informationsaustausch fördert und sich langfristigen Erhaltungsmaßnahmen für Halbschnäbler-Populationen widmet.
Grundeln (Gobiidae)
11 auf Sulawesi endemische Arten
Kurzbeschreibung: Bei den Grundeln handelt es sich um eine der wahrscheinlich variabelsten Fischfamilien. Die meisten Arten leben im Meer oder steigen zum Ablaichen in die Flüsse auf. In den Flüssen auf Sulawesi leben sehr viele solche anadrome Arten, aber nur die reinen Süßwasserarten der Gattungen Glossogobius oder Mugilogobius sind hier endemisch. Kleine bis mittelgroße räuberische Fische, territorial, in der Regel nicht die geschmeidigsten Schwimmer, stark substratorientiert (Gewässergrund, Steine, Pflanzen).
Verbreitung: Die meisten endemischen Arten bewohnen Seen, einige wenige leben auch in den angrenzenden Flüssen
Aquaristisch relevante Arten: Glossogobius flavipinnis, Mugilogobius adeia, M. hitam (manchmal unter dem Namen M. amadi im Handel), M. latifrons, M. rexi, M. sarasinorum – alle selten
Klassifizierung auf der Roten Liste der IUCN: vom Aussterben bedroht: Mugilogobius amadi (endemisch im Pososee); stark gefährdet: Glossogobius mahalonensis, Mugilogobius adeia, M. latifrons, M. sarasinorum; potentiell gefährdet: Glossogobius flavipinnis, G. intermedius, G. matanensis, Mugilogobius lepidotus, M. rexi, M. hitam
Aktueller Status und Bedrohungslage: Die im Matanosee endemischen Arten sind am stärksten bedroht, da dort die stark invasiven Flowerhorn-Cichliden den See dominieren; die Auswirkungen dieser Bedrohung wurden noch nicht im Detail erforscht, sind jedoch augenfällig. Die Flowerhorn-Cichliden breiten sich auch in anderen Seen des Malili-Seensystems aus (und wurden auch – in begrenzter Anzahl – bereits im Pososee gesichtet). Mugilogobius amadi ließ sich seit über 40 Jahren nicht mehr nachweisen und dürfte ausgestorben sein.
Anmerkungen der Sulawesi Keepers: Die erfolgreiche Nachzucht von endemischen Sulawesi-Grundeln im Aquarium ist noch nicht gelungen. Einige Arten laichen bereitwillig ab, jedoch haben sie sehr kleine Larven, die bisher noch nicht effektiv gefüttert und aufgezogen werden konnten. Der Versuch ist es jedoch wert, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Grundeln in ihren natürlichen Habitaten sehr stark vom Aussterben bedroht sind.
Markéta Rejlková