conservation breeding Sulawesi Keepers
Menschen züchten Tiere aus den unterschiedlichsten Beweggründen:
  • Menge – zum Verkaufen, zum Verfüttern an andere Tiere, als Nahrung für Menschen oder andere Verwendungsarten
  • Qualität – Selektionszucht, um bestimmte Merkmale zu verstärken oder zu eliminieren
  • einfach so – z.B. wenn sich Aquarienfische vermehren und man den Nachwuchs großzieht
  • zur Arterhaltung – Erhaltungszucht

Worum geht es bei der Erhaltungszucht?

Als Erhaltungszucht bezeichnet man die Zucht von Tieren in Gefangenschaft (ex situ, nicht in ihrem natürlichen Vorkommensgebiet, zum Beispiel in einem Aquarium) mit dem Ziel, eine stabile Population zu erhalten, die als Backup oder Versicherung für bedrohte Wildpopulationen dienen kann oder Tiere für eine mögliche Wiederbesiedelung vorhält. Um dieses Ziel zu erreichen, muss eine gewisse genetische Vielfalt gewährleistet sein; dazu müssen die Tiere möglichst naturnah gehalten werden. Werden diese Faktoren ignoriert, erhält man mit der Zeit womöglich Tiere, die sich niemals wieder den natürlichen Gegebenheiten anpassen können oder die zu domestizierten Stämmen werden und sich sehr stark von ihren wilden Vorfahren unterscheiden.

Viele Aquarianer unterstützen die Erhaltungszucht, indem sie sich bewusst für die Haltung gefährdeter Arten entscheiden und sich aktiv an Erhaltungszuchtprogrammen beteiligen. Diese Programme können sehr unterschiedliche aussehen.

Was wird bei der Teilnahme erwartet?

Das strenge Modell kennen wir zum Beispiel aus an den Europäischen Erhaltungszuchtprogrammen (EEP) teilnehmenden Zoos (früher als European Endangered Species Programme, mittlerweile als EAZA Ex situ Programme bekannt; EAZA steht für European Association of Zoos and Aquaria, den europäischen Zooverband). Ein solches Programm wird von einem Koordinator verwaltet, der Vorschläge für die Zucht und für Tiertransfers macht. Die teilnehmenden Tiere werden streng nur im Rahmen des Programms gezüchtet und kostenlos unter den teilnehmenden Zoos/Personen getauscht.

Positive Aspekte:
  • bewährtes Modell mit einfachen Regeln
  • hoch effizient
  • erlaubt die optimale Populationskontrolle
Negative Aspekte:
  • aufwändige Organisation
  • es braucht eine hohe Motivation, den Arterhalt über alles andere zu stellen
  • benötigt gute Kommunikation (Risiko persönlicher Meinungsverschiedenheiten, Missverständnisse, Zögern etc.)
  • manche Züchter möchten sich den strengen Regeln nicht unterwerfen, obwohl ihr Beitrag zum Arterhalt sehr wichtig wäre
  • Schwierigkeiten, überzählige Tiere im Rahmen des Programms unterzubringen (nur bei sehr erfolgreicher Zucht)
  • manche Arten sind schwer zu halten oder zu züchten, es gibt hohe Verluste; die Kosten, das Programm durchzuziehen und Neuzugänge zu verwalten, sind oft höher als der Nutzen (dieses Szenario trifft auf Sulawesigarnelen zu) – in anderen Worten: Tiere können den Züchtern nicht unbedingt kostenlos zur Verfügung gestellt werden, nur weil sie am Programm teilnehmen und sich den Regeln unterwerfen möchten

Das entspannte Modell dagegen besteht lediglich aus einer Begleitung. Informationen über den Zustand der Aquarienpopulationen werden gesammelt, die Daten dazu stammen von unabhängigen Züchtern. Wir haben das bereits versucht – siehe die Sulawesi Keepers Global Survey -, leider ist die Datenlage für jegliche Anstrengungen zum Erhalt gefährdeter Arten zu dünn.

Positive Aspekte:
  • Aufbau spart Ressourcen und Zeit
  • keine erdrückenden Regeln
Negative Aspekte:
  • es gibt keinen Verantwortlichen, wir verlassen uns auf "alle Züchter"
  • es gibt keine Kontrolle des Ist-Zustands
  • das Risiko eines Populationsverlustes im Aquarium ist groß

Mit dem entspannten Modell kommt man in Punkto Arterhaltung nicht wirklich weiter. Das strenge Modell ist unflexibel. Es lässt sich in vielen Szenarien nicht umsetzen, insbesondere bei der Zucht von Sulawesigarnelen, deren Haltung schwierig und teuer ist (erfolgreiche Züchter müssten eigentlich Tiere verkaufen dürfen, um wenigstens einen Teil der Kosten wieder hereinzubekommen), sie sind im Handel erhältlich, und wir möchten gerne langfristige Erfolge fördern (damit sind alle aus dem Rennen, die die Haltung "nur mal ausprobieren" wollen, aber nicht längerfristig umsetzen). Wir wollen die Tiere auch nicht einfach jedem in die Hand geben, der sich für Haltung und Zucht interessiert – die Wahrscheinlichkeit eines Verlustes ist einfach zu hoch. Andererseits könnten erfolgreiche Züchter in hohem Maße von einer Kooperation profitieren – zum Erfahrungsaustausch und gegebenenfalls auch, um Tiere zu tauschen. Wir brauchen diese erfolgreichen Züchter und wir möchten sie auf keinen Fall daran hindern, das zu tun, was sie am besten können: gefährdete Arten züchten und sie an andere Aquarianer weiterzugeben.

Wir suchen also ein Modell, das irgendwo zwischen diesen beiden Extremen liegt.

Steigt mit zunehmendem Verwaltungsaufwand auch die Effizienz des Programms? Die Anforderungen an individuelle Züchter würden dann ebenfalls steigen – bis zu dem Punkt, an dem der Verwaltungsaufwand den Zuchtaufwand übersteigt. Wir wollen jedoch Aquarianer fördern, die die Tiere tatsächlich züchten.

Persönlicher Einsatz und Engagement

Um wirklich von einer Erhaltungszucht reden zu können, wäre die persönliche Einsatzbereitschaft der teilnehmenden Züchter wichtig – möglich wären jedoch Abstufungen:

  • BRONZE: Meine Tiere gehören zu einer Backup-Population. Das heißt, dass ich ständig eine Grundpopulation an Tieren als Reserve vorhalte, die ich nicht verkaufe (z.B. 50 Garnelen, 20 Fische). Über den Zustand der Population informiere ich die Organisation regelmäßig.
  • SILBER: Zusätzlich zum Erhalt einer Reservepopulation helfe ich aktiv dabei mit, weitere Populationen aufzubauen. Das heißt, ich kann auf Nachfrage eine bestimmte Anzahl Tiere zur Verfügung stellen (und sollte ich einmal meine eigene Population verlieren, bekomme ich wiederum Tiere).
  • GOLD: Ich kann beliebig Tiere abgeben (mit Ausnahme der Reservepopulation); wenn ich sie verkaufe, unterstütze ich den Schutz der natürlichen Habitate dieser bedrohten Art mit einem Teil meines Gewinns (einem bestimmten Prozentsatz), der an Projekte in situ fließt.

Was haltet ihr als Community von diesem Ansatz? Würdet ihr gerne mitmachen? Was denkt ihr über das strenge Modell – nennen wir es PLATIN? Die Fische und Wirbellosen von Sulawesi brauchen für den Arterhalt wirklich dringend die Sicherheit, die ihnen nur unsere Aquarien geben können – und wir sind dabei, Erhaltungszuchtprogramme auf die Beine zu stellen. Dazu brauchen wir aber Eure Meinung.

Markéta Rejlková