Towuti shrimps by Frank Logemann

Garnelen aus dem Towuti-See. Alle Fotos © Frank Logemann

Wir bringen Ihnen ein Interview mit den Brüdern Carsten und Frank Logemann, die zweimal nach Sulawesi gereist sind und dort die Parameter des Wassers untersucht haben, um dann das Mineralsalz zu produzieren, das das Wasser der Seen nachahmt. Dieselbe Mineralsalzmarke, die immer noch von Züchtern von Sulawesi-Garnelen auf der ganzen Welt verwendet wird und die wir kürzlich an die Erhaltungszuchtanlage in Indonesien geschickt haben.

Sie können uns helfen, eine Erhaltungszuchtanlage für gefährdete Arten von Sulawesi-Fischen und wirbellosen Tieren in Indonesien zu unterstützen. Auch ohne Ihr Geld zu senden – schicken Sie einfach Mineralsalz oder Futter. Lesen Sie hier mehr.
Lake Poso by Frank Logemann
Poso-See.

Ihr zwei Brüder führt das Garnelenhaus und die Marke SaltyShrimp – und die beliebte Bienengarnele trägt euren Namen, Caridina logemanni. Bitte stellt euch denjenigen, die euch nicht kennen, kurz vor.

Wir kommen aus Hamburg und sind seit unserer Kindheit begeisterte Aquarianer. Es gab allerdings von 1985 bis 2000 eine größere Pause, in der wir uns beruflich orientierten und keine Aquarien hatten. Als wir dann wieder anfingen, waren in einem Zooladen Garnelen zu sehen, die es früher nicht gab, es waren die Amanogarnelen, Caridina multidentata, und wir waren sofort verliebt. Die ersten Nachzuchten ließen nicht lange auf sich warten, wir haben dazu auch eine Internetseite eröffnet, www.caridinajaponica.de, damals hieß die Amanogarnele noch Caridina japonica und wir beschäftigten uns immer mehr mit der Haltung und Zucht von Ziergarnelen. Kurz darauf kamen die Crystalred Garnelen, unsere zweite Liebe und auch für die machten wir eine Infoseite im Internet, www.crystalred.de Wir waren so hin und weg von diesen Tieren und beschäftigten uns immer mehr mit ihnen, sodass wir es 2007 schließlich zu unserem Beruf machten und das Garnelenhaus gründeten. Seitdem hat uns die Faszination für die Garnelen nicht losgelassen und wir werden damit auch sicher nicht mehr aufhören…

Lake Poso shrimps by Frank Logemann
Garnelen aus dem Poso-See.

Ihr wart auf Sulawesi (2008 und 2011) und habt sehr wichtige Informationen über natürliche Biotope örtlicher Garnelen mit nach Europa gebracht. Kennt ihr den Reiseverlauf beider Reisen kurz zusammenfassen?

Um 2007 kamen die bunten Sulawesigarnelen in den Handel, doch leider waren sie sehr empfindlich und auch geübte Züchter konnten sie kaum halten, geschweige vermehren. Also sind wir 2008 direkt zu den Habitaten auf Sulawesi gereist und wollten die Lebensbedingungen studieren, sodass wir mit mehr Kenntnissen vielleicht mehr Erfolg hätten… Wir hatten die Reise gemeinsam mit Roland Numrich, einem damaligen Fischimporteur, der auch die Sulawesigarnelen importierte, geplant und wollten überwiegend den Matano-See, Mahalona-See und Towuti-See erkunden. Das war schon eine spannende Angelegenheit, denn im Towuti-See und Mahalona-See gibt es Krokodile und man hüpft schon mit einem komischen Bauchgefühl zum Schnorcheln ins Wasser… vor allem, wenn man aus dem Wasser schaut und den Bootsführer, der aufpassen sollte, schlafen sieht… Wir haben viel gesehen und viel erlebt, hatten aber leider kein professionelles Equipment dabei, um entsprechend steril Wasser- und Gesteinsproben zu nehmen. Auch die Mitnahme der gefangenen Tiere wurde durch den lokalen Polizeichef verhindert, der uns für einige Stunden in Polizeigewahrsam nahm, weil er nicht glauben wollte, dass wir nur wegen dieser komischen Garnelen da waren…

Für die zweite Reise waren wir besser vorbereitet, wir nahmen entsprechend Material mit, um Wasser- und Gesteinsproben zu nehmen und später im Labor untersuchen zu lassen. Wir fuhren mit Chris Lukhaup, (Tierfotograf und Wirbellosenexperte) Stefan Hummel (Botaniker bei Fa. Dennerle) und Thomas von Rintelen (Biologe und Wissenschaftler) nach Sulawesi. Dieses mal war auch der Poso-See ein Zielort und wieder der Matano-See und Towuti-See. Die genommenen Proben haben wir in Deutschland durch ein Labor untersuchen lassen und daraufhin unsere Sulawesi Mineralsalze entwickelt. Wir finden es war ein echter Durchbruch, denn nun konnte man zumindest die chemische Zusammensetzung und Wasserwerte aus dem Habitat herstellen und die Nachzucht gelang besser. Allerdings bleiben diese Tiere sehr empfindlich, insbesondere gegen Stress, was man auch an ihrem Verhalten sieht, da sie oft zurück weichen, wenn sich vor dem Aquarium etwas bewegt…

Lake Matano by Frank Logemann
Matano-See.

Wenn man euren Bericht von der Reise im Jahr 2011 liest, scheint es, als wäre Sulawesi ein ziemlich gefährlicher Ort. Bewaffnete Kämpfe zwischen religiösen Gruppen, verrückte Autofahrer auf schlechten Straßen, Erdbeben, Krokodile… Würdet ihr euren Besuch der alten Seen als gefährlich bezeichnen?

Im Vergleich zu einem Urlaub an der Nordsee, ist es sicher eine gefährliche Reise. Aber wir hatten keine lebensbedrohlichen Erlebnisse, sodass wir trotz der Gefahren wieder nach Sulawesi fahren würden. Dazu müssen wir aber auch sagen, dass wir auf der zweiten Reise einheimische Begleiter dabei hatten, was die Sache deutlich entspannt hat, denn die wussten wo man wann besser nicht hinfährt, oder man besser nicht ins Wasser geht… Gegen Erdbeben oder Krankheiten wie Dengue Fieber oder Bilharziose, hilft das natürlich nicht, aber Sulawesi ist so atemberaubend schön, nicht nur unter Wasser, sodass man auch schnell die Gefahren verdrängt und sich an diesem Wunder der Natur erfreut.

Sulawesi ist so atemberaubend schön...

… ein Süßwasser-Aquarianer hätte es sich nie besser wünschen können.

Carsten Logemann

Was ist der nachhaltigste Eindruck, den ihr bis heute von den Seen habt?

Für abenteuerlustige Naturfreunde mit Entdeckergeist ist Sulawesi perfekt geeignet. Abseits der Straßen kann man eine wunderschöne und farbenprächtige Natur erleben, wie sie nicht mehr oft auf dieser Welt zu finden ist. Nichts übertrifft für uns aber die erste Unterwasser-Begegnung mit den bunten Garnelen vom Matano-See und Towuti-See. Fast 30°C warmes Wasser und direkt unter der Wasseroberfläche die schönsten Garnelen, die sich ein Süßwasser-Aquarianer nie hätte besser wünschen können… Leider kann man dies, zumindest im Matano-See, heute nicht mehr erleben, denn es wurden nach unserer ersten Reise 2008 als „Nahrungsfisch“ für die Bevölkerung Barsche eingesetzt, die die Garnelen gefressen haben… Die Auswirkungen waren schon auf unserer zweiten Reise deutlich zu erkennen, überall Barsche und nur noch wenige Garnelen, kein Vergleich mehr zu vorher, wo Garnelen praktisch überall zu sehen waren. Von einer späteren Reise berichtete uns Thomas von Rintelen dann, dass er im Matano-See an keiner Stelle mehr z.B. Kardinalsgarnelen (Caridina dennerli) finden konnte… wirklich sehr schade.

Lake Matano by Frank Logemann
Matano-See.

Als ihr die reiche Unterwasserwelt der Seen von Sulawesi gesehen habt, habt ihr geglaubt, daß wir einen kleinen Teil dieser Welt in unseren Aquarien nachbilden und diese Garnelen- und Schneckenarten erfolgreich halten können?

Ja, daran haben wir immer fest geglaubt. Und es ist ja auch gelungen, wer heute Geduld hat und besonders den Garnelen ein entsprechendes Aquarium nach ihren Bedürfnissen einrichtet, der kann sich an diesen wunderschönen Tieren erfreuen.

Welchen Eindruck habt ihr von anderen Teilen Sulawesis gewonnen? Erinnert ihr euch an ein paar nette Garnelen oder Unterwasserlandschaften von verschiedenen Orten, oder sind es nur die Seen und der Rest ist weitaus weniger interessant?

Die Seen des Malili-Systems, Poso, Matano, Mahalona, Towuti, sind unter Wasser eher steinig und es sieht teilweise aus wie eine Geröllwüste… die Farbenpracht bringen die Tiere mit, insbesondere die Garnelen. Außerhalb der Seen und über Wasser ist die Pflanzen- und Insektenwelt wunderschön. Alle Garnelen, die wir z.B. in den Flüssen gefunden haben, waren eher farblos, also gräulich, oder transparent. Die Umgebung ist dafür umso beeindruckender.

Lake Matano by Frank Logemann
Schnecken am Ufer des Matano-Sees.

Und was ist mit den Menschen in Sulawesi und Indonesien im Allgemeinen, wie hat es euch gefallen, dorthin zu reisen?

Wir hatten fast nur positive Begegnungen mit den Menschen auf Sulawesi. Grundsätzlich sind sie sehr freundlich und vor allem die Kinder sehr interessiert, was man denn so mit den Keschern vor hat… man fällt als europäisches Bleichgesicht natürlich auf und wird auch ständig angesprochen. Mal unbeobachtet die Straße langgehen ist nicht drin, das rufende „hei mister, hei mister“ zeigt allen anderen an, dass hier Fremde im Ort sind… es wurde aber nie aufdringlich.

Stellen wir uns vor, daß eine Gruppe Europäer am Ufer des Sees erscheint und beginnt, ins Wasser zu schauen und ihre Schnorchelausrüstung auszupacken. Wie würden die Einheimischen reagieren? Wissen sie vor allem über die einzigartige Wasserfauna Bescheid? Würden sie schnell ihr Boot anbieten und uns zum besten Schnorchelplatz bringen, oder wie sah eine solche Situation aus, als ihr dort wart?

Als Europäer fällt man dort auf und vor allem die Kinder sind sehr neugierig, sie würden sofort angelaufen kommen um zu schauen was da vor sich geht. Aber auch die Erwachsenen kommen nach und sind sehr interessiert. Die Meisten wissen mittlerweile, dass in ihren Seen interessante Garnelen leben, so einige verdienen sich als Fänger etwas Geld, aber für ihr eigenes Leben haben die Tiere sonst keine Bedeutung. Ein Boot zu chartern ist nicht schwer, zumindest wenn man Indonesisch spricht, mit Englisch kommt man dort nicht weit. Wir hatten auf beiden Reisen einheimische Begleitungen dabei und konnten uns immer recht schnell mit einem Bootsführer einigen. Die Einheimischen freuen sich, wenn sie etwas Geld verdienen können und waren teilweise den ganzen Tag mit uns unterwegs…

Lake Matano by Frank Logemann
Matano-See.

Gibt es einen Ort, den ihr nennen könntet, der am erstaunlichsten war, und ihr wünschtet, ihr könntet länger bleiben, um ihn zu erkunden und zu genießen?

Fast überall, wo wir waren, hätten wir gerne mehr Zeit verbracht, einfach weil es soviel Neues zu entdecken gab, aber wenn Du so speziell fragst, der Mahalona-See war schon sehr aufregend, nicht nur wegen der Krokodile. Der Mahalona-Fluss mündet in den Towuti-See, man kommt also Strom aufwärts zum See. Die Strömung ist recht stark und es gibt einige heikle Stromschnellen, bei denen die Boote drohten zu kentern. Angekommen wird es sehr ruhig und menschenleer. Die Ufer des Sees sind unbewohnt und auch sonst kommen nur wenige Menschen an den Mahalona-See, wir haben niemanden gesehen. Ungewöhnlich schöne und selten gemusterte Caridina spinata haben wir gefunden und andere schöne Arten. Allerdings keine Caridina dennerli oder Caridina woltereckae, was etwas verwunderte, denn der Mahalona-See liegt ja zwischen Matano-See (Heimat der Caridina dennerli) und dem Towuti-See (Heimat der Caridina woltereckae). An einem Ufer war ein tief schwarzer feiner Vulkansand, den man sich wunderbar in einem Aquarium vorstellen konnte, zusammen mit Ottelia mesenterium, ein Traum… Hier hätten wir gerne mehr als einen Tag verbracht.

Lake Mahalona by Frank Logemann
Mahalona-See.

Wie sind eure eigenen Erfahrungen mit der Haltung von Sulawesi-Garnelen im Aquarium?

Als wir 2007 die ersten Sulawesigarnelen bekommen hatten, sind uns leider auch sehr viele verstorben, die notwendigen Bedingungen schienen sehr speziell, was uns ja auch zu den Reisen getrieben hatte. Tatsächlich ging es erst mit den Sulawesi Mineral Salzen viel besser, aber dennoch war die Verlustrate höher als bei anderen Arten. Es dauerte recht lange, bis und die ersten Nachzuchten gelungen sind. Nach all den Erfahrungen würde unser Setup heute heißen, das Aquarium mit vielen Steinaufbauten einrichten, sodass die Garnelen immer einen Unterschlupf in der Nähe haben. Das Wasser mit Sulawesi Mineral 8,5 aufbereiten. Für eine sehr gute Filterung sorgen, aber mit geringer Strömung. Robuste Pflanzen können eingesetzt werden und dann sollte das Aquarium ohne Besatz ca. vier Wochen mindestens einfahren. Grundsätzlich sind die Sulawesigarnelen aber keine Bewohner für Gesellschaftsbecken, man sollte ihnen schon ein eigenes Aquarium gönnen und es artgerecht einrichten.

Die Haltung der Garnelen aus dem Matano-See ist gut möglich, die Tiere scheinen nicht ganz so empfindlich wie die aus dem Towuti-See und die Caridina dennerli ist ja auch heute noch weit verbreitet. Die Garnelen aus dem Towuti-See sind schon schwieriger, offenbar sind sie insbesondere gegen Stress und Keimbelastung im Wasser sehr empfindlich. Wir können zwar mit unserem Sulawesi Mineral 8,5 die Wasserbedingungen des Towuti-See nachstellen und die Haltung und Zucht kann auch gelingen, aber die Tiere sind nicht mehr oft im Handel zu finden und wenn, dann ist die Verlustrate doch recht hoch. Ideal wäre es, wenn man einen Züchter in der Nähe findet und sich auch von ihm erklären lässt, wie die Tiere bei ihm gehalten werden… so kann die Haltung und Nachzucht der Garnelen gut gelingen und man hat viel Freude mit ihnen.

Lake Towuti by Frank Logemann
Towuti-See.

Haltet ihr es für machbar, alle Garnelenarten in Aquarien als Versicherungspopulationen zu halten, damit wir die Art nicht ganz verlieren, auch wenn sich die Bedingungen in den Seen verschlechtern (insbesondere die Ausbreitung von invasiven Fischen)? Ist es für euch sinnvoll, es zu versuchen?

Das halten wir für möglich, zumindest konnten wir alle Sulawesigarnelen, die wir bisher hatten, langfristig halten und nachzüchten. Allerdings gibt es noch zahlreiche Garnelen in den Seen, die wir nicht bekommen haben, wir vermuten aber, dass es grundsätzlich möglich ist auch diese nachzuzüchten. Es zu versuchen ist auf jeden Fall sinnvoll, die Natur hat uns durch seltenen Gegebenheiten auf Sulawesi ein unglaublich schönes Geschenk gemacht.

Die Natur hat uns durch seltenen Gegebenheiten auf Sulawesi ein unglaublich schönes Geschenk gemacht.

Carsten Logemann

Vielen Dank für das Interview.

Markéta Rejlková